In ihrem Gastkommentar „Auf dem Weg zur digitalen Knechtschaft“ in der NZZ Online vom 1. April 2019 diskutieren die Professoren Johannes Binswanger (Business Economics and Public Policy, Universität St. Gallen) und Martin Kolmar (Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik, St. Universität Gallen) die Zukunft der Marktwirtschaft unter dem Vorzeichen von Big Data und Social Scoring und fragen, wie es um die Freiheit des Einzelnen in Zukunft bestellt sein könnte. Sie fragen, ob wir eine „noch fairere und bedürfnisgerechtere Gesellschaftsordnung“ wollen, in der die Aushandlungsprozesse der alten Marktwirtschaft durch Big-Data-Prognosen und Verhaltenssteuerung abgelöst werden, in der Steuerhinterziehung unmöglich wird und Rechtsbrüche durch Sozialingenieure unmöglich gemacht werden? Oder sollen „wir vielleicht bewusst das Ineffiziente wählen, damit die Therapie nicht schlimmer als die Krankheit wird: Komplizierte Abstimmungsprozesse und Rechtsbrüche gehören wohl zu einer liberalen, marktwirtschaftlichen Demokratie. Sie auszumerzen, bedeutet, dem Einzelnen die Freiheit zu nehmen.“
Letztlich stellen sie die Frage, ob sich Planung und Prognosen mit individueller Selbstbestimmtheit und Autonomie vertragen, und ob es einen Unterschied macht, ob eine Einheitspartei nach chinesischen Vorbild die Gesellschaft steuert oder ein Konzern: „Denn machen wir uns nichts vor, vom Social-Credit-System zu Facebook, Google oder Amazon ist es kein allzu weiter Weg, und es stellt sich die Frage nach dem genauen Unterschied zwischen einem Staatsmonopol und einem privatwirtschaftlichen Monopol.“
Foto: Dr. Harald Gapski