Neue Ungleichheitsordnungen durch Scoring?

In der WDR 5-Reihe „Neugier genügt – Redezeit“ war am 29. April 2019 der Berliner Soziologe Steffen Mau zu Gast. Jürgen Wiebicke sprach mit ihm über die gesellschaftlichen Folgen der Nutzung von Bewertungs- und Scoringsystemen.  Beim Einkaufen, in der Arbeitswelt oder im Urlaub, Menschen sind freiwillig Teil von Klassifikationsprozessen, mittels derer Unternehmen bestimmen können, welchen Wert ein(e) Konsument(in) im Laufe seines/ihres Leben für ein Unternehmen generiert (Customer-Lifetime-Value).

Auf Wiebickes Frage, wie man sich zu diesen Entwicklungen stellen sollte, nannte Mau individuelle Datensparsamkeit und die Notwendigkeit für alle, transparente Algorithmen und mehr Möglichkeiten der Mitsprache einzufordern. Dies sei umso wichtiger, weil Algorithmen im öffentlichen Sektor eine immer größere Rolle spielten, beispielsweise bei Gerichtsentscheidungen, im Gesundheitswesen, der Arbeitsmarktpolitik oder bei sozialen Dienstleistungen. Mau fordert, dass der Umgang mit Daten gesellschaftlich mitgestaltet werden müsse. Es liege ein asymmetrisches Transparenzverhältnis vor, weil die Bewertenden unsichtbarer und die Bewerteten gläserner werden. Zugleich seien die Folgen der Klassifikation für die Einzelnen unsichtbar und möglicherweise erst in der Zukunft spürbar. Mau nannte das Beispiel der Lernkurven von Studierenden, die künftigen Arbeitgeber(inne)n als Einstellungskriterien dienen können. Deshalb müsse auch immer die Möglichkeit der Löschung von Daten bestehen.

Die WDR 5-Sendung steht auch zum Download zur Verfügung.