NROs in China: Mitgestalten oder ablehnen?

Im Januar 2017 setzte die KP Chinas das „Gesetz zum Management der Aktivitäten ausländischer NROs in der Volksrepublik China“ in Kraft, dass in der westlichen Welt als „Beleg schwindender zivilgesellschaftlicher Räume in China“ gewertet wurde (Lang & Holbig 2018, S. 3). Jede ausländische Organisation, die weiterhin in China legal aktiv sein will, muss bei dem für sie zuständigen Büro für öffentliche Sicherheit die Registrierung einer Repräsentanz neu beantragen und eine chinesische Partnerorganisation nennen, ohne die sie nicht arbeiten kann. Damit stehen alle ausländischen NROs „unter direkter polizeilicher Aufsicht“ (Lang & Holbig 2018, S. 3). Insbesondere die parteinahen Stiftungen, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung erhielten erst nach massivem Druck aus Berlin eine Partnerorganisation zugewiesen. Die chinesische Freundschaftsgesellschaft, mit der die drei Stiftungen kooperieren sollen, hat ihnen Anfang 2018 umfangreiche Verhaltensregeln an die Hand gegeben, welche die Integration ihrer Organisationen in das „Soziale Bonitätssystem“ vorsehen und damit die Mitarbeit an der Vision einer „harmonischen“ Gesellschaft zur Auflage macht. Dieser Verhaltenskatalog, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt, sieht für die „Gefährdung der Wiedervereinigung und nationalen Einheit Chinas“, für „Verleumdung“ oder für die „Veröffentlichung schädlicher Informationen“ einen Abzug von 100 Punkten für die Stiftung und 50 für die Geschäftsführung vor. Giesen und Strittmatter (2018) werfen die Frage auf, was dies für die Arbeit der Stiftung in Zukunft bedeuten könnte:

„Ist damit nun jede Kritik an der Politik Xi Jinpings und der KP tabu? Und kassiert die Heinrich Böll Stiftung in Peking die Minuspunkte auch, wenn einer ihrer Vertreter in Berlin bei einer Tibet- oder Taiwan-Veranstaltung auftaucht? Versucht die KP also ihre Wert- und Politikvorstellungen weiter zu exportieren? Der Entwurf legt das nahe.“

Anlässlich der 5. Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen im Juli 2018 haben sich alle politischen Stiftungen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür eingesetzt, darauf hinzuwirken, dass das „Gesellschaftliche Bonitätssystem“ nicht auf ausländische Organisationen ausgeweitet wird. Im Vorfeld der Regierungskonsultationen äußerte der Stellvertretende Direktor des Mercator Instituts für Chinastudien, Mikko Huotari, in einem Interview die Besorgnis, dass die innenpolitische Kontrolle „sich zunehmend nach außen“ wende. Es müsse daher „sehr kritisch beobachtet werden, auf welche Weise neue Steuerungs- und Kontrollinstrumente wie das Social Credit System auch negative Auswirkungen auf Akteure außerhalb Chinas haben werden.“

Quellen:

Giesen, Christoph; Strittmatter, Kai (2018): Wie Peking deutsche Stiftungen drangsaliert. In: Süddeutsche Zeitung vom 9. Juli. https://www.sueddeutsche.de…

Lang, Bertram; Holbig, Heike (2018): Europäische NROs in China. Schwierige Abwägungen und Chancen der Zusammenarbeit, Hamburg: GIGA German Institute of Global and Area Studies – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Asien-Studien. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-60933-6

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